Auszug aus dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) im Zusammenhang mit Reihen- und Dreiecksgeschäften:

Die Reihengeschäft- und Dreiecksgeschäftbeispiele des UStAE (Stand 18.10.2024) sind nachfolgend durch Skizzen im Stil des Reihengeschäftrechners dargestellt und teilweise um Überschriften und logische Schlussfolgerungen ergänzt. Durch Klick auf die jeweiligen Reihengeschäft-Skizzen gelangen Sie zu ähnlich gelagerten Beispielen des Reihengeschäftrechners. Bitte beachten Sie, dass weder für die Richtigkeit noch für die Vollständigkeit des nachfolgenden Textes und der Skizzen eine Haftung übernommen wird.

Hinweis: Obwohl die Quick-Fixes bereits seit 01.01.2020 gelten wurde der UStAE erst mit dem BMF-Schreiben vom 25.04.2023 (also fast 3,5 Jahre später!) diesbezüglich angepasst. Auffällig ist nun die ausgesprochen strenge Formulierung iZm mit dem Nachweis der Eigenschaft als Lieferer im 3.14. Abs. 10 UStAE. Für den Zeitraum bis zum 25.04.2023 wird es aber gemäß BMF-Schreiben nicht beanstandet, wenn die Zuweisung der Transportverantwortlichkeit von den Beteiligten einvernehmlich abweichend von Abschnitt 3.14 Absätze 7 bis 11 des UStAE bestimmt worden ist.

Quicklink zu den Reihengeschäften (3.14. UStAE)
Quicklink zu den Dreiecksgeschäften (25b.1. UStAE)

1a.1. UStAE - Innergemeinschaftlicher Erwerb (IGE)

  • 1a.1. Abs. 1 UStAE (IGE Voraussetzung)
    Ein innergemeinschaftlicher Erwerb setzt insbesondere voraus, dass an den Erwerber eine Lieferung ausgeführt wird und der Gegenstand dieser Lieferung aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete gelangt. Zum Begriff Gegenstand vgl. Abschnitt 3.1 Abs. 1. Ein Gegenstand gelangt aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates, wenn die Beförderung oder Versendung durch den Lieferer oder durch den Abnehmer im Gebiet des einen EU-Mitgliedstaates beginnt und im Gebiet des anderen EU-Mitgliedstaates endet. Dies gilt auch dann, wenn die Beförderung oder Versendung im Drittlandsgebiet beginnt und der Gegenstand im Gebiet eines EU-Mitgliedstaates der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen wird, bevor er in das Gebiet des anderen EU-Mitgliedstaates gelangt. Kein Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs liegt demnach vor, wenn die Ware aus einem Drittland im Wege der Durchfuhr durch das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates in das Inland gelangt und erst hier einfuhrumsatzsteuerrechtlich zur Überlassung zum freien Verkehr abgefertigt wird. Als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt gilt auch das innergemeinschaftliche Verbringen eines Gegenstands in das Inland (vgl. Abschnitt 1a.2). Bei der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität liegt kein innergemeinschaftlicher Erwerb und kein innergemeinschaftliches Verbringen vor (vgl. Abschnitt 3g.1 Abs. 6). Zur Bemessungsgrundlage eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von werthaltigen Abfällen vgl. Abschnitt 10.5 Abs. 2.

3.1. Lieferungen und sonstige Leistungen

Lieferungen

  • 3.1. Abs. 1 UStAE (Definition Lieferung)
    Eine Lieferung liegt vor, wenn die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird. Gegenstände im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG sind körperliche Gegenstände (Sachen nach § 90 BGB, Tiere nach § 90a BGB), Sachgesamtheiten und solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z.B. Elektrizität, Wärme und Wasserkraft; zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen vgl. Abschnitt 3.5 Abs. 8. Eine Sachgesamtheit stellt die Zusammenfassung mehrerer selbständiger Gegenstände zu einem einheitlichen Ganzen dar, das wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die Summe der einzelnen Gegenstände (vgl. BFH-Urteil vom 25. 1. 1968, V 161/64, BStBl II S. 331). Die gleichzeitige Anschaffung einer Photovoltaikanlage und eines Stromspeichers in einem einheitlichen (Werk-)Vertrag stellt eine Sachgesamtheit dar. Ungetrennte Bodenerzeugnisse, z.B. stehende Ernte, sowie Rebanlagen können selbständig nutzungsfähiger und gegenüber dem Grund und Boden eigenständiger Liefergegenstand sein (vgl. BFH-Urteil vom 8. 11. 1995, XI R 63/94, BStBl 1996 II S. 114). Rechte sind dagegen keine Gegenstände, die im Rahmen einer Lieferung übertragen werden können; die Übertragung von Rechten stellt eine sonstige Leistung dar (vgl. BFH-Urteil vom 16. 7. 1970, V R 95/66, BStBl II S. 706).

  • 3.1. Abs. 2 UStAE (Verschaffung der Verfügungsmacht)
    Die Verschaffung der Verfügungsmacht beinhaltet den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteile vom 18. 11. 1999, V R 13/99, BStBl 2000 II S. 153, und vom 16. 3. 2000, V R 44/99, BStBl II S. 361). Der Abnehmer muss faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer zu nutzen und veräußern zu können (vgl. BFH-Urteil vom 12. 5. 1993, XI R 56/90, BStBl II S. 847). Die Übertragung dieser Befugnis verlangt weder, dass der Leistungsempfänger physisch über den Gegenstand verfügt, noch, dass der Gegenstand physisch zu ihm befördert und/oder physisch von ihm empfangen wird (vgl. EuGH-Urteil vom 20. 6. 2018, C-108/17, Enteco Baltic). Keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung ist danach die entgeltlich eingeräumte Bereitschaft zur Verschaffung der Verfügungsmacht (vgl. BFH-Urteil vom 25. 10. 1990, V R 20/85, BStBl 1991 II S. 193). Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist ein Vorgang vorwiegend tatsächlicher Natur, der in der Regel mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentumsübergang verbunden ist, aber nicht notwendigerweise verbunden sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 16. 4. 2008, XI R 56/06, BStBl II S. 909, und EuGH-Urteil vom 18. 7. 2013, C-78/12, Evita-K). Zu Ausnahmefällen, in denen der Lieferer zivilrechtlich nicht Eigentümer des Liefergegenstands ist und darüber hinaus beabsichtigt, den gelieferten Gegenstand vertragswidrig nochmals an einen anderen Erwerber zu liefern, vgl. BFH-Urteil vom 8. 9. 2011, V R 43/10, BStBl 2014 II S. 203.

3.12. Ort der Lieferung

  • 3.12. Abs. 1 UStAE (Bewegte Lieferung / Lieferort)
    Lieferungen gelten – vorbehaltlich der Sonderregelungen in den §§ 3c bis 3g UStG – nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG grundsätzlich dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten (z.B. an einen Lohnveredeler oder Lagerhalter) beginnt. Dies gilt sowohl für Fälle, in denen der Unternehmer selbst oder ein von ihm beauftragter Dritter den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet als auch für Fälle, in denen der Abnehmer oder ein von ihm beauftragter Dritter den Gegenstand bei dem Lieferer abholt (Abholfall). Auch der sog. Handkauf ist damit als Beförderungs- oder Versendungslieferung anzusehen.

  • 3.12. Abs. 2 UStAE (Bewegte Lieferung / Beförderungslieferung)
    Eine Beförderungslieferung im Sinne des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der liefernde Unternehmer, der Abnehmer oder ein unselbständiger Erfüllungsgehilfe den Gegenstand der Lieferung befördert. Eine Beförderung liegt auch vor, wenn der Gegenstand der Lieferung mit eigener Kraft fortbewegt wird, z.B. bei Kraftfahrzeugen auf eigener Achse, bei Schiffen auf eigenem Kiel (vgl. BFH-Urteil vom 20. 12. 2006, V R 11/06, BStBl 2007 II S. 424). Die Bewegung eines Gegenstands innerhalb des Unternehmens, die lediglich der Vorbereitung des Transports dient, stellt keine Beförderung an den Abnehmer im Sinne des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dar. Befördert im Falle eines Kommissionsgeschäfts (§ 3 Abs. 3 UStG) der Kommittent das Kommissionsgut mit eigenem Fahrzeug an den im Ausland ansässigen Kommissionär, liegt eine Lieferung im Inland nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG nicht vor, weil die – anschließende – Übergabe des Kommissionsguts an den Verkaufskommissionär keine Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. 11. 1986, V R 102/78, BStBl 1987 II S. 278, Abschnitt 3.1 Abs. 2). Zur Ausnahmeregelung bei innergemeinschaftlichen Kommissionsgeschäften vgl. Abschnitt 1a.2 Abs. 7.

  • 3.12. Abs. 3 UStAE (Bewegte Lieferung / Versendungslieferung)
    Eine Versendungslieferung im Sinne des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG setzt voraus, dass der Gegenstand an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten versendet wird, d.h. die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausgeführt oder besorgt wird. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten. Der Lieferer muss bei der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten alles Erforderliche getan haben, um den Gegenstand an den bereits feststehenden Abnehmer, der sich grundsätzlich aus den Versendungsunterlagen ergibt, gelangen zu lassen. Von einem feststehenden Abnehmer ist auszugehen, wenn er zwar dem mit der Versendung Beauftragten im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands nicht bekannt ist, aber mit hinreichender Sicherheit leicht und einwandfrei aus den unstreitigen Umständen, insbesondere aus Unterlagen abgeleitet werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 30. 7. 2008, XI R 67/07, BStBl 2009 II S. 552). Gleiches gilt, wenn der Abnehmer den Liefergegenstand bei Beginn der Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 16. 11. 2016, V R 1/16, BStBl 2017 II S. 1079) und § 6b UStG bereits dem Grunde nach keine Anwendung findet bzw. von Seiten des liefernden Unternehmers und späteren Erwerbers § 6b UStG keine Anwendung finden soll; eine nur wahrscheinliche Begründung einer Abnehmerstellung ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 20. 10. 2016, V R 31/15, BStBl 2017 II S. 1076). Dem Tatbestand, dass der Abnehmer feststeht, steht nicht entgegen, dass der Gegenstand von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Abnehmer herausgegeben wird (vgl. BFH-Urteil vom 30. 7. 2008, XI R 67/07, a. a. O.). Entscheidend ist, dass der Lieferant im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten die Verfügungsmacht dem zu diesem Zeitpunkt feststehenden Abnehmer verschaffen will. Unter der Bedingung, dass der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststeht, kann eine Versendungslieferung auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager, welches nicht in den Anwendungsbereich der Konsignationslagerreleung nach § 6b UStG fällt, gelagert wird (vgl. BFH-Urteile vom 20. 10. 2016, V R 31/15, a.a.O., und vom 16. 11. 2016, V R 1/16, a.a.O.; vgl. auch Abschnitt 1a.2 Abs. 6 Sätze 4 bis 9).

  • 3.12. Abs. 6 UStAE (Ruhende Lieferung / Lieferort)
    Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, ist § 3 Abs. 7 UStG anzuwenden. § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG gilt insbesondere für Fälle, in denen die Verfügungsmacht z.B. durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB), durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) oder durch Übergabe von Traditionspapieren (Ladescheine, Lagerscheine, Konnossemente, §§ 448, 475g, 524 HGB) verschafft wird. § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG bestimmt den Lieferort für die Fälle des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG, in denen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und diese Geschäfte dadurch erfüllen, dass der Gegenstand der Lieferungen unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer befördert oder versendet wird (Reihengeschäft, vgl. Abschnitt 3.14).

  • 3.12. Abs. 7 UStAE (Zeitpunkt der Lieferung)
    § 3 Abs. 6 und 7 UStG regeln den Lieferort und damit zugleich auch den Zeitpunkt der Lieferung (vgl. BFH-Urteil vom 6. 12. 2007, V R 24/05, BStBl 2009 II S. 490, Abschnitt 13.1 Abs. 2 und 6); dies gilt hinsichtlich der Verschaffung der Verfügungsmacht auch in den Fällen einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, in denen der Liefergegenstand nach dem Beginn der Beförderung oder Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager, welches nicht in den Anwendungsbereich der Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG fällt, gelagert wird. Die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 6 und 7 UStG setzt dabei voraus, dass tatsächlich eine Lieferung zu Stande gekommen ist.

3.13. Lieferort in besonderen Fällen (§ 3 Abs. 8 UStG)

  • 3.13. Abs. 1 UStAE (Lieferortverlagerung)
    § 3 Abs. 8 UStG regelt den Ort der Lieferung in den Fällen, in denen der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt und der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Unabhängig von den Lieferkonditionen ist maßgeblich, wer nach den zollrechtlichen Vorschriften Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Abweichend von § 3 Abs. 6 UStG gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen. Der Ort der Lieferung bestimmt sich auch dann nach § 3 Abs. 8 UStG, wenn der Lieferer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, diese jedoch nach der EUStBV nicht erhoben wird. Die örtliche Zuständigkeit eines Finanzamts für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer richtet sich vorbehaltlich einer abweichenden Zuständigkeitsvereinbarung (§ 27 AO) nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit der UStZustV.

  • 3.13. Abs. 2 UStAE (Bemessungsgrundlage)
    Entrichtet der Lieferer die Steuer für die Einfuhr des Gegenstands, wird diese Steuer unter Umständen von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage als dem Veräußerungsentgelt erhoben. In diesen Fällen wird durch die Verlagerung des Orts der Lieferung in das Inland erreicht, dass der Umsatz mit der Steuer belastet wird, die für die Lieferung im Inland in Betracht kommt.

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer B in Bern liefert Gegenstände, die er mit eigenem Lkw befördert, an seinen Abnehmer K in Köln. K lässt die Gegenstände in den freien Verkehr überführen und entrichtet dementsprechend die Einfuhrumsatzsteuer (Lieferkondition „unversteuert und unverzollt“).
      Ort der Lieferung ist Bern (§ 3 Abs. 6 UStG). K kann die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, da die Gegenstände für sein Unternehmen in das Inland eingeführt worden sind.

    • Beispiel 2:
      Wie Beispiel 1, jedoch lässt B die Gegenstände in den freien Verkehr überführen und entrichtet dementsprechend die Einfuhrumsatzsteuer (Lieferkondition „verzollt und versteuert“).
      Der Ort der Lieferung gilt als im Inland gelegen (§ 3 Abs. 8 UStG). B hat den Umsatz im Inland zu versteuern. Er ist zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt, da die Gegenstände für sein Unternehmen eingeführt worden sind.

    In den Fällen des Reihengeschäfts kann eine Verlagerung des Lieferorts nach § 3 Abs. 8 UStG nur für die Beförderungs- oder Versendungslieferung in Betracht kommen (vgl. Abschnitt 3.14 Abs. 15 und 16).

3.14. Reihengeschäfte

Begriff des Reihengeschäfts (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG)

  • 3.14. Abs. 1 UStAE (Definition Reihengeschäft)
    Liefergeschäfte im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG, die von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen werden und bei denen dieser Gegenstand im Rahmen einer Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer (Ort der Lieferung des ersten Unternehmers) an den letzten Abnehmer gelangt, werden nachfolgend als Reihengeschäfte bezeichnet. Ein besonderer Fall des Reihengeschäfts ist das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG (vgl. Abschnitt 25b.1).

  • 3.14. Abs. 2 UStAE (Bewegte Lieferung / Steuerbefreiung)
    Bei Reihengeschäften werden im Rahmen einer Warenbewegung (Beförderung oder Versendung) mehrere Lieferungen ausgeführt, die in Bezug auf den Lieferort und den Lieferzeitpunkt jeweils gesondert betrachtet werden müssen. Die Warenbewegung des Gegenstands ist nur einer der Lieferungen zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG). Diese ist die Beförderungs- oder Versendungslieferung (bewegte Lieferung); nur bei ihr kommt die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen (§ 6 UStG) oder für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6a UStG) in Betracht. Bei allen anderen Lieferungen in der Reihe findet keine Warenbewegung statt (ruhende Lieferungen). Sie werden entweder vor oder nach der Beförderungs- oder Versendungslieferung ausgeführt (§ 3 Abs. 7 Satz 2 UStG). Liefergeschäfte, die von mehreren Unternehmern über denselben Gegenstand abgeschlossen werden und bei denen keine Beförderung oder Versendung stattfindet (z.B. Grundstückslieferungen oder Lieferungen, bei denen die Verfügungsmacht durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs verschafft wird), können nicht Gegenstand eines Reihengeschäfts sein.

  • 3.14. Abs. 3 UStAE (Beförderung / Versendung)
    Die Beförderung oder Versendung kann durch einen an einem Reihengeschäft beteiligten Lieferer, Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten durchgeführt werden. Ein Beförderungs- oder Versendungsfall liegt daher auch dann vor, wenn der letzte Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst abholt oder abholen lässt (Abholfall). Beauftragter Dritter kann z.B. ein Lohnveredelungsunternehmer, ein selbständiger Spediteur oder ein Lagerhalter sein, der jeweils nicht unmittelbar in die Liefervorgänge eingebunden ist.

  • 3.14. Abs. 4 UStAE (Unmittelbares Gelangen)
    Das unmittelbare Gelangen im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG setzt grundsätzlich eine Beförderung oder Versendung durch einen am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer voraus; diese Voraussetzung ist bei der Beförderung oder Versendung durch mehrere beteiligte Unternehmer (sog. gebrochene Beförderung oder Versendung) nicht erfüllt. Der Gegenstand der Lieferung gelangt auch dann unmittelbar an den letzten Abnehmer, wenn die Beförderung oder Versendung an einen beauftragten Dritten ausgeführt wird, der nicht unmittelbar in die Liefervorgänge eingebunden ist, vgl. Absatz 3 Satz 3. Im Fall der vorhergehenden Be- oder Verarbeitung des Gegenstands durch einen vom Lieferer beauftragten Dritten ist Gegenstand der Lieferung der be- oder verarbeitete Gegenstand.

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer D 1 in Köln bestellt bei dem Großhändler D 2 in Hamburg eine dort nicht vorrätige Maschine. D 2 gibt die Bestellung an den Hersteller DK in Dänemark weiter. DK befördert die Maschine mit eigenem Lkw unmittelbar nach Köln und übergibt sie dort D 1.

      Skizze Beispiel 1

      Es liegt ein Reihengeschäft im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG vor, da mehrere Unternehmer über dieselbe Maschine Liefergeschäfte abschließen und die Maschine im Rahmen einer Beförderung unmittelbar vom ersten Unternehmer (DK) an den letzten Abnehmer (D 1) gelangt.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. D 2 weist DK an, die Maschine zur Zwischenlagerung an einen von D 1 benannten Lagerhalter (L) nach Hannover zu befördern.

      Skizze Beispiel 2

      Es liegt wie im Beispiel 1 ein Reihengeschäft im Sinne des § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG vor, da mehrere Unternehmer über dieselbe Maschine Liefergeschäfte abschließen und die Maschine unmittelbar vom ersten Unternehmer (DK) an einen vom letzten Abnehmer (D 1) benannten Lagerhalter (L) befördert wird. Mit der auftragsgemäßen Übergabe der Maschine an den Lagerhalter ist die Voraussetzung des unmittelbaren Gelangens an den letzten Abnehmer erfüllt.

Ort der Lieferungen (§ 3 Abs. 6 und Abs. 7 UStG)

  • 3.14. Abs. 5 UStAE (Ort der Lieferung / Bewegte Lieferung)
    Für die in einem Reihengeschäft ausgeführten Lieferungen ergeben sich die Lieferorte sowohl aus § 3 Abs. 6 als auch aus § 3 Abs. 7 UStG. Im Fall der bewegten Lieferung gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). In den Fällen der ruhenden Lieferungen ist der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG zu bestimmen.

  • 3.14. Abs. 6 UStAE (Ort der Lieferung /Ruhende Lieferung)
    Die ruhenden Lieferungen, die der bewegten Lieferung vorangehen, gelten an dem Ort als ausgeführt, an dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt. (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG). Die ruhenden Lieferungen, die der bewegten Lieferung nachfolgen, gelten an dem Ort als ausgeführt, an dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG).

    • Beispiel:
      Der Unternehmer B 1 in Belgien bestellt bei dem ebenfalls in Belgien ansässigen Großhändler B 2 eine dort nicht vorrätige Ware. B 2 gibt die Bestellung an den Großhändler D 1 in Frankfurt weiter. D 1 bestellt die Ware beim Hersteller D 2 in Köln. D 2 befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien und übergibt sie dort B 1.

      Skizze Reihengeschäftbeispiel

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an B 2 und B 2 an B 1) ausgeführt. Die erste Lieferung D 2 an D 1 ist die Beförderungslieferung. Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 2 UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Köln, Deutschland (Beginn der Beförderung). Die zweite Lieferung D 1 an B 2 und die dritte Lieferung B 2 an B 1 sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG jeweils in Belgien (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgen.

Transportverantwortlichkeit im Reihengeschäft

  • 3.14. Abs. 7 UStAE (Zuordnungsentscheidung)
    Die Zuordnung der Beförderung oder Versendung zu einer der Lieferungen des Reihengeschäfts ist davon abhängig, ob der Gegenstand der Lieferung durch den ersten Unternehmer, den letzten Abnehmer oder einen Zwischenhändler in der Reihe befördert oder versendet wird. Zwischenhändler im Sinne des Satzes 1 ist ein Lieferer innerhalb der Reihe (mit Ausnahme des ersten Lieferers in der Reihe), der den Gegenstand selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten befördert oder versendet (§ 3 Abs. 6a Satz 4 UStG). Die Zuordnungsentscheidung muss einheitlich für alle Beteiligten getroffen werden. Aus den vorhandenen Aufzeichnungen muss sich eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben, wer die Beförderung durchgeführt oder die Versendung veranlasst hat (Transportverantwortlichkeit). Im Fall der Versendung ist dabei auf die Auftragserteilung an den selbständigen Beauftragten abzustellen. Eine von den Sätzen 4 und 5 abweichende Zuordnung ist nur zulässig, wenn der Unternehmer nachweist, dass die Beförderung bzw. die Versendung auf Rechnung eines anderen Unternehmers erfolgt ist und dieser tatsächlich die Gefahr des zufälligen Untergangs des Gegenstands während des Transports getragen hat.

Bestimmung der bewegten Lieferung

  • 3.14. Abs. 8 UStAE (Zuordnungsentscheidung)
    Wird der Gegenstand der Lieferung durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Warenbewegung seiner Lieferung zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG). Wird der Liefergegenstand durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Warenbewegung der Lieferung an ihn zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 3 UStG).

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer SP aus Spanien bestellt eine Maschine bei dem Unternehmer D 1 in Kassel. D 1 bestellt die Maschine seinerseits bei dem Großhändler D 2 in Bielefeld. D 2 wiederum gibt die Bestellung an den Hersteller F in Frankreich weiter. F lässt die Maschine durch einen Beförderungsunternehmer von Frankreich unmittelbar nach Spanien zu SP transportieren.

      Skizze Beispiel a

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander drei Lieferungen (F an D 2, D 2 an D 1 und D 1 an SP) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der ersten Lieferung F an D 2 zuzuordnen, da F als erster Unternehmer in der Reihe die Maschine versendet. Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 2 UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Frankreich (Beginn der Versendung). Die zweite Lieferung D 2 an D 1 und die dritte Lieferung D 1 an SP sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG jeweils in Spanien (Ende der Versendung), da sie der Versendungslieferung folgen. D 2 und D 1 müssen sich demnach in Spanien steuerlich registrieren lassen.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispel 1. SP holt die Maschine mit eigenem Lkw bei F in Frankreich ab und transportiert sie unmittelbar nach Spanien.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander drei Lieferungen (F an D 2, D 2 an D 1 und D 1 an SP) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der dritten Lieferung D 1 an SP zuzuordnen, da SP als letzter Abnehmer in der Reihe die Maschine befördert (Abholfall). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 3 UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Frankreich (Beginn der Beförderung). Die erste Lieferung F an D 2 und die zweite Lieferung D 2 an D 1 sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG ebenfalls jeweils in Frankreich (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangehen. D 2 und D 1 müssen sich demnach in Frankreich steuerlich registrieren lassen.

Lieferung durch einen Zwischenhändler

  • 3.14. Abs. 9 UStAE (Reihengeschäft im Inland)
    Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Zwischenhändler befördert oder versendet, ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung des vorangegangenen Unternehmers zuzuordnen (widerlegbare Vermutung, § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG). Beschränkt sich die Warenbewegung im Reihengeschäft auf das Inland, kann der Zwischenhändler die Warenbewegung seiner eigenen Lieferung zuordnen, wenn er nachweist, dass er den Gegenstand in seiner Eigenschaft als Lieferer befördert bzw. versendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz UStG). Nachweise im Sinne des Satzes 2 sind z. B. eine Auftragsbestätigung, das Doppel der Rechnung oder andere handelsübliche Belege und Aufzeichnungen, die nachweisen, dass er als Lieferer aufgetreten ist. Der Zwischenhändler kann die Eigenschaft als Lieferer unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls nachweisen (z. B. anhand Übernahme von Kosten des Transports aufgrund der mit dem Vorlieferanten und seinem Auftraggeber vereinbarten Lieferkonditionen, Mitteilung über den Weiterverkauf vor Beginn der Beförderung oder Versendung usw.). Allein die Mitteilung an den Vorlieferanten über den Weiterverkauf des Liefergegenstands ist hierfür nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 28.05.2013 – XI R 11/09, BStBl II 2023 S. XXX)

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer D 1 in Köln bestellt bei dem Großhändler D 2 in Hamburg eine dort nicht vorrätige Maschine. D 2 gibt die Bestellung an den Hersteller D 3 in Stuttgart weiter. D 2 befördert die Maschine mit eigenem Lkw unmittelbar von Stuttgart nach Köln und übergibt sie dort D 1. D 2 weist die Eigenschaft als Lieferer unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls nicht nach.

      Skizze Beispiel a

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (D 3 an D 2, D 2 an D 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der ersten Lieferung D 3 an D 2 zuzuordnen, da D 2 als Zwischenhändler die Ware befördert hat und nicht nachgewiesen hat, dass er den Gegenstand in seiner Eigenschaft als Lieferer befördert hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die zweite Lieferung D 2 an D 1 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Köln (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgt.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. D 2 weist die Eigenschaft als Lieferer unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls nach.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (D 3 an D 2, D 2 an D 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der zweiten Lieferung D 2 an D 1 zuzuordnen, da D 2 als Zwischenhändler die Ware befördert hat und nachgewiesen hat, dass er den Gegenstand in seiner Eigenschaft als Lieferer befördert hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die erste Lieferung D 3 an D 2 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht.


  • 3.14. Abs. 10 UStAE (Nachweis der Eigenschaft als Lieferer)
    Gelangt der Gegenstand der Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäftes aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats, gilt der Nachweis, dass der Zwischenhändler den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, nur dann als erbracht, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine USt- IdNr., die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, verwendet (§ 3 Abs. 6a Satz 5 UStG). Der Begriff „Verwendung“ einer USt-IdNr. setzt ein positives Tun des mittleren Unternehmers voraus. Da es sich dabei um die Verwirklichung des Sachverhalts handelt (Auftreten als Lieferer), bleiben spätere Änderungen bei der Verwendung der USt-IdNr. ohne Auswirkung. Verwendet der mittlere Unternehmer seine ihm vom Abgangsstaat erteilte USt- IdNr., muss dies in der Regel bereits bei Vertragsabschluss, spätestens jedoch bei Ausführung der Lieferung erfolgen. Die verwendete USt-IdNr. soll in dem jeweiligen Auftragsdokument schriftlich festgehalten werden. Bei mündlicher Erteilung eines Auftrags muss die rechtzeitige Verwendung der USt-IdNr. vom mittleren Unternehmer dokumentiert werden. Es reicht ebenfalls aus, wenn der mittlere Unternehmer dokumentiert, dass er gegenüber seinem leistenden Unternehmer erklärt hat, die ihm vom Abgangsstaat erteilte USt-IdNr. für alle künftigen Lieferungen verwenden zu wollen. Eine in einem Dokument lediglich formularmäßig eingedruckte USt-IdNr. reicht nicht aus. Ein positives Tun des Zwischenhändlers liegt auch dann vor, wenn dessen Leistungsempfänger (Erwerber) die Erklärung über die Unternehmereigenschaft und den unternehmerischen Bezug objektiv nachvollziehbar vorgenommen hat und der Leistungsbezug vom Leistungsempfänger in zutreffender Weise erklärt worden ist, der Zwischenhändler seinen Meldepflichten nach § 18a UStG nachgekommen ist und die Rechnung über die Leistung einen Hinweis auf die USt-IdNr. des Leistungsempfängers, die nach § 18a Abs. 7 UStG in der Zusammenfassenden Meldung angegeben wurde, enthält.

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer D 1 in Köln bestellt bei dem Großhändler D 2 in Hamburg eine dort nicht vorrätige Maschine. D 2 gibt die Bestellung an den Hersteller DK in Dänemark weiter. D 2 befördert die Maschine mit eigenem Lkw unmittelbar von Dänemark nach Köln und übergibt sie dort D 1. Alle Beteiligten treten unter Verwendung der USt-IdNr. ihres Landes auf.

      Skizze Beispiel a

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (DK an D 2, D 2 an D 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der ersten Lieferung DK an D 2 zuzuordnen, da D 2 als Zwischenhändler eine deutsche USt-IdNr. verwendet hat. Dies ist keine vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Dänemark) erteilte USt-IdNr. (§ 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Dänemark (Beginn der Beförderung). Die zweite Lieferung D 2 an D 1 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Deutschland (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgt.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. Der Zwischenhändler (D 2) verwendet bis zum Beginn der Beförderung die ihm von der dänischen Finanzverwaltung erteilte USt-IdNr. gegenüber dem leistenden Unternehmer DK.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (DK an D 2, D 2 an D 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der zweiten Lieferung D 2 an D 1 zuzuordnen, da D 2 als Zwischenhändler bis zum Beginn der Beförderung seine dänische USt-IdNr. gegenüber seinem leistenden Unternehmer DK verwendet hat. Dies ist eine vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Dänemark) erteilte USt-IdNr. (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 5 UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz, Satz 5 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Dänemark (Beginn der Beförderung). Die erste Lieferung DK an D 2 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Dänemark (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht.

    • Beispiel 3:
      Der Unternehmer DK aus Dänemark bestellt bei dem Großhändler D 2 in Hamburg eine dort nicht vorrätige Maschine. D 2 gibt die Bestellung an den Hersteller D 1 in Köln weiter. D 2 befördert unter Verwendung seiner deutschen USt-IdNr. die Maschine mit eigenem Lkw unmittelbar von Köln nach Dänemark und übergibt sie dort DK. DK tritt unter Verwendung der USt-IdNr. seines Landes auf.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (D 1 an D 2, D 2 an DK) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der zweiten Lieferung D 2 an DK zuzuordnen, da D 2 als Zwischenhändler den Transport veranlasst und er bis zum Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. gegenüber seinem leistenden Unternehmer D 1 verwendet hat. Dies ist eine vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilte USt-IdNr. (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 5 UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz, Satz 5 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Köln (Beginn der Beförderung). Diese Lieferung an DK ist unter den weiteren Voraussetzungen als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei. Die erste Lieferung D 1 an D 2 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Deutschland (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht.

  • 3.14. Abs. 11 UStAE (Lieferer-Nachweis bei Einfuhr/Ausfuhr)
    Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, gilt der Nachweis, dass der Zwischenhändler den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, nur dann als erbracht, wenn er gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine USt-IdNr. oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt worden ist (§ 3 Abs. 6a Satz 6 UStG). Zum Begriff der Verwendung vgl. Abschnitt 3.14 Abs. 10 Sätze 2 bis 8. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, gilt der Nachweis, dass der Zwischenhändler den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, nur dann als erbracht, wenn der Gegenstand der Lieferung in seinem Namen oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 UZK) für seine Rechnung zum zoll- und umsatzsteuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird (§ 3 Abs. 6a Satz 7 UStG).

Anmerkung: Für den Zeitraum bis zum 25.04.2023 wird es gemäß BMF-Schreiben nicht beanstandet, wenn die Zuweisung der Transportverantwortlichkeit von den Beteiligten einvernehmlich abweichend von Abschnitt 3.14 Absätze 7 bis 11 des UStAE bestimmt worden ist.

Auf das Inland beschränkte Warenbewegungen

  • 3.14. Abs. 12 UStAE (Reihengeschäfte im Inland)
    Die Grundsätze der Absätze 1 bis 9 finden auch bei Reihengeschäften Anwendung, bei denen keine grenzüberschreitende Warenbewegung stattfindet. Ist an solchen Reihengeschäften ein in einem anderen Mitgliedstaat oder im Drittland ansässiger Unternehmer beteiligt, muss er sich wegen der im Inland steuerbaren Lieferung stets im Inland steuerlich registrieren lassen. Die Verwendung der ausländischen USt-IdNr. führt nicht zu einer Änderung hinsichtlich des Lieferorts, der Steuerpflicht und der Zuordnung der Warenbewegung, wenn ruhende Lieferungen vorliegen oder keine grenzüberschreitende Warenbewegung stattfindet.

    • Beispiel:
      Der Unternehmer D 1 aus Essen bestellt eine Maschine bei dem Unternehmer B in Belgien. B bestellt die Maschine seinerseits bei dem Großhändler D 2 in Bielefeld. D 2 lässt die Maschine durch einen Beförderungsunternehmer von Bielefeld unmittelbar nach Essen zu D 1 transportieren. Alle Beteiligten treten unter Verwendung der USt-IdNr. ihres Landes auf.

      Skizze Reihengeschäftbeispiel

      Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (D 2 an B und B an D 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der ersten Lieferung D 2 an B zuzuordnen, da D 2 als erster Unternehmer in der Reihe die Maschine versendet. Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1, 3 und 4 UStG in Bielefeld (Beginn der Versendung). Die zweite Lieferung B an D 1 ist eine ruhende Lieferung. Für diese Lieferung liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Essen (Ende der Versendung), da sie der Versendungslieferung folgt. B muss sich in Deutschland bei dem zuständigen Finanzamt registrieren lassen und seine Lieferung zur Umsatzbesteuerung erklären. Auch die Verwendung der belgischen USt-IdNr. des B führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb

  • 3.14. Abs. 13 UStAE (Reihengeschäfte innerhalb des Gemeinschaftsgebietes)
    Im Rahmen eines Reihengeschäfts, bei dem die Warenbewegung im Inland beginnt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates endet, kann mit der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet nur eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG bewirkt werden. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG kommt demnach nur bei der Beförderungs- oder Versendungslieferung zur Anwendung. Beginnt die Warenbewegung in einem anderen Mitgliedstaat und endet sie im Inland, ist von den beteiligten Unternehmern nur derjenige Erwerber im Sinne des § 1a UStG, an den die Beförderungs- oder Versendungslieferung ausgeführt wird.

    • Beispiel 1:
      Der Unternehmer B 1 in Belgien bestellt bei dem ebenfalls in Belgien ansässigen Großhändler B 2 eine dort nicht vorrätige Ware. B 2 gibt die Bestellung an den Großhändler D 1 in Frankfurt weiter. D 1 bestellt die Ware beim Hersteller D 2 in Köln. Alle Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. D 2 befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien und übergibt sie dort B 1.

      Skizze Beispiel a1

      Es werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an B 2 und B 2 an B 1) ausgeführt. Die erste Lieferung D 2 an D 1 ist die Beförderungslieferung. Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Deutschland (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig, da D 1 ebenfalls mit deutscher USt-IdNr. auftritt. Der Erwerb der Ware unterliegt bei D 1 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, weil die Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Solange D 1 eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien nicht nachweisen kann, hat er einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland zu besteuern (§ 3d Satz 2 UStG). Die zweite Lieferung D 1 an B 2 und die dritte Lieferung B 2 an B 1 sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG jeweils in Belgien (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgen. Beide Lieferungen sind nach belgischem Recht zu beurteilen. D 1 muss sich in Belgien umsatzsteuerlich registrieren lassen.

      Skizze Beispiel a2

      Würde D 1 mit belgischer USt-IdNr. auftreten, wäre die Lieferung des D 2 an D 1 als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn D 2 die Voraussetzungen hierfür nachweist.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. D 1 befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien und übergibt sie dort B 1.

      Skizze Beispiel b

      Es werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an B 2 und B 2 an B 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der zweiten Lieferung D 1 an B 2 zuzuordnen, da D 1 gegenüber seinem leistenden Unternehmer D 2 bis zum Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 5 UStG). Dies ist eine vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilte USt-IdNr. Der Ort der Beförderungslieferung liegt nach § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Köln (Beginn der Beförderung). Die bewegte Lieferung ist steuerbar und bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Der Erwerb der Ware unterliegt bei B 2 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, weil die Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Der Ort der ruhenden Lieferung von D 2 an D 1 liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Köln (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht. Die Lieferung ist folglich steuerbar und steuerpflichtig. Der Lieferort der ruhenden Lieferung von B 2 an B 1 liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Belgien (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgt.

    • Beispiel 3:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. B 2 befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien und übergibt sie dort B 1.

      Skizze Beispiel c

      Es werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an B 2 und B 2 an B 1) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach der Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG der zweiten Lieferung von D 1 an B 2 zuzuordnen. Eine Zuordnung der Warenbewegung zur dritten Lieferung von B 2 an B 1 kommt nicht in Betracht, da B 2 gegenüber seinem leistenden Unternehmer D 1 bis zum Beginn der Beförderung seine belgische USt-IdNr. verwendet hat und diese nicht die USt-IdNr. ist, die B 2 vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilt wurde (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 5 UStG). Die Beurteilung entspricht daher der von Beispiel 2.

    • Beispiel 4:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. B 2 tritt mit einer deutschen USt-IdNr. auf; alle anderen Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. B 2 befördert die Ware von Köln mit eigenem Lkw unmittelbar nach Belgien, übergibt sie dort B 1 und hat gegenüber D 1 vor Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet.

      Skizze Beispiel d

      Die gesetzliche Vermutung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG ist widerlegt. B 2 tritt durch die Verwendung der vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilten USt-IdNr. nicht in seiner Eigenschaft als Abnehmer der Vorlieferung, sondern als Lieferer auf; die Warenbewegung ist der dritten Lieferung (B 2 an B 1) zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 5 UStG). Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz, Satz 5 in Verbindung mit Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Deutschland (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist bei Nachweis der Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Der Erwerb der Ware unterliegt bei B 1 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, weil die Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Die erste Lieferung D 2 an D 1 und die zweite Lieferung D 1 an B 2 sind ruhende Lieferungen. Der Lieferort für diese Lieferungen liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG jeweils in Deutschland (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangehen. Sie sind in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.

    • Beispiel 5:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. B 1 holt die Ware bei D 2 in Köln ab und befördert sie von dort mit eigenem Lkw nach Belgien.

      Skizze Beispiel d

      Die Warenbewegung ist in diesem Fall der dritten Lieferung (B 2 an B 1) zuzuordnen, da der letzte Abnehmer die Ware selbst befördert (Abholfall). Diese Lieferung ist die Beförderungslieferung. Der Ort der bewegten Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Deutschland (Beginn der Beförderung). Die Lieferung des B 2 ist bei Nachweis der Voraussetzungen des § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG steuerfrei. Der Erwerb der Ware unterliegt bei B 1 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, weil die innergemeinschaftliche Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Die erste Lieferung D 2 an D 1 und die zweite Lieferung D 1 an B 2 sind ruhende Lieferungen. Für diese Lieferungen liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG jeweils in Deutschland (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangehen. Beide Lieferungen sind steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen in Deutschland. D 2, D 1 und B 2 müssen ihre Lieferungen zur Umsatzbesteuerung erklären.

Warenbewegungen im Verhältnis zum Drittland

  • 3.14. Abs. 14 UStAE (Reihengeschäfte iZm Ausfuhr ins Drittland)
    Im Rahmen eines Reihengeschäfts, bei dem die Warenbewegung im Inland beginnt und im Drittlandsgebiet endet, kann mit der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands in das Drittlandsgebiet nur eine Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 UStG bewirkt werden. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG kommt demnach nur bei der Beförderungs- oder Versendungslieferung zur Anwendung.

    • Beispiel 1:
      Der türkische Unternehmer T bestellt eine Werkzeugmaschine bei dem Unternehmer S aus der Schweiz. S bestellt die Maschine bei D 1 in Frankfurt, der die Bestellung an den Hersteller D 2 in Stuttgart weitergibt. S holt die Maschine in Stuttgart ab und befördert sie mit eigenem Lkw unmittelbar in die Türkei und übergibt sie dort T; S verwendet gegenüber D 1 vor Beginn der Beförderung weder eine deutsche USt- IdNr. noch eine deutsche Steuernummer.

      Skizze Beispiel 1

      Bei diesem Reihengeschäft werden drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an S und S an R) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Sätze 1 und 4 1. Halbsatz UStG der zweiten Lieferung D 1 an S zuzuordnen, da S als Zwischenhändler in seiner Eigenschaft als Abnehmer der Vorlieferung auftritt; S hat die gesetzliche Vermutung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG nicht durch Verwendung einer vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilten USt-IdNr. oder Steuernummer widerlegt (§ 3 Abs. 6a Satz 6 UStG). Ort der Beförderungslieferung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist bei Nachweis der Voraussetzungen des § 6 UStG als Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG steuerfrei. Die erste Lieferung D 2 an D 1 und die dritte Lieferung S an T sind ruhende Lieferungen. Der Lieferort für die erste Lieferung liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Deutschland (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht. Sie ist eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung in Deutschland. Die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen kommt bei ruhenden Lieferungen nicht in Betracht. Der Lieferort für die dritte Lieferung liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in der Türkei (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgt.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. S holt die Maschine in Stuttgart ab, befördert sie mit eigenem Lkw unmittelbar in die Türkei und übergibt sie dort T. S hat gegenüber D 1 vor Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet.

      Skizze Beispiel 1

      Es werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an S und S an T) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der dritten Lieferung S an T zuzuordnen, da S als Zwischenhändler die Ware befördert und gegenüber D 1 vor Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 6 UStG). Der Ort der Beförderungslieferung liegt nach § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die bewegte Lieferung ist steuerbar und bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Der Ort der ruhenden Lieferungen von D 2 an D 1 und D 1 an S liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangehen. Die Lieferungen sind folglich steuerbar und steuerpflichtig.

    • Beispiel 3:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. T holt die Maschine selbst bei D 2 in Stuttgart ab und befördert sie mit eigenem Lkw in die Türkei.

      Skizze Beispiel 1

      Die Warenbewegung ist der dritten Lieferung (S an T) zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 3 UStG). Ort der Beförderungslieferung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist bei Nachweis der Voraussetzungen des § 6 UStG als Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a UStG steuerfrei. Die erste Lieferung (D 2 an D 1) und die zweite Lieferung (D 1 an S) sind als ruhende Lieferungen jeweils in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig, da sie der Beförderungslieferung vorangehen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG). S muss seine Lieferung beim zuständigen Finanzamt in Deutschland zur Umsatzbesteuerung erklären.

    • Beispiel 4:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. D 1 holt die Maschine in Stuttgart ab, befördert sie mit eigenem Lkw unmittelbar in die Türkei und übergibt sie dort T. D 1 hat gegenüber D 2 vor Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet.

      Skizze Beispiel 1

      Es werden nacheinander drei Lieferungen (D 2 an D 1, D 1 an S und S an T) ausgeführt. Die Warenbewegung ist der zweiten Lieferung D 1 an S zuzuordnen, da D 1 gegenüber seinem leistenden Unternehmer D 2 bis zum Beginn der Beförderung seine deutsche USt-IdNr. verwendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 6 UStG). Dies ist eine vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung (Deutschland) erteilte USt-IdNr. Der Ort der Beförderungslieferung liegt nach § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist steuerbar und bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Der Ort der ruhenden Lieferung von D 2 an D 1 liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Stuttgart (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung vorangeht. Die Lieferung ist folglich steuerbar und steuerpflichtig. Der Lieferort der ruhenden Lieferung von S an T liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in der Türkei (Ende der Beförderung), da sie der Beförderungslieferung folgt.

  • 3.14. Abs. 15 UStAE (Lieferortverlagerung gem. § 3 Abs. 8 UStG)
    Gelangt im Rahmen eines Reihengeschäfts der Gegenstand der Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, kann eine Verlagerung des Lieferorts nach § 3 Abs. 8 UStG nur für die Beförderungs- oder Versendungslieferung in Betracht kommen. Dazu muss derjenige Unternehmer, dessen Lieferung im Rahmen des Reihengeschäfts die Warenbewegung zuzuordnen ist, oder sein Beauftragter zugleich auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sein.

    • Beispiel 1:
      Der in Belgien ansässige Unternehmer B bestellt bei dem in Deutschland ansässigen Unternehmer D Waren, die D bei S aus der Schweiz bestellt. Die Waren werden in Deutschland im Namen des Zwischenhändlers D zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überlassen. D beauftragt einen Spediteur mit dem Transport der Ware von der Schweiz nach Belgien.

      Skizze Beispiel a

      Bei diesem Reihengeschäft werden zwei Lieferungen (S an D und D an B) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 7 UStG der zweiten Lieferung D an B zuzuordnen, da auf Grund der Beauftragung des Spediteurs der Zwischenhändler D die Ware befördert und der Zwischenhändler D diese Beförderung durch die Anmeldung der Waren im Namen des Zwischenhändlers D zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr nachweisen kann. Die Vermutung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG gilt somit als widerlegt, so dass D im Rahmen des Reihengeschäfts nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer auftritt. Lieferort der (bewegten) Lieferung des D an B ist nach § 3 Abs. 8 UStG Deutschland, da D als Lieferer der Versendungslieferung zugleich Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Seine Lieferung an B ist unter den weiteren Voraussetzungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. Die Waren werden in Deutschland im Namen des Abnehmers B zum zoll- und steuerrechtlichen freien Verkehr überlassen. B beauftragt einen Spediteur mit dem Transport der Ware von der Schweiz nach Belgien.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden zwei Lieferungen (S an D und D an B) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 3 UStG der Lieferung von D an B zuzuordnen. § 3 Abs. 8 UStG kommt nicht zur Anwendung, weil D als Lieferer nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Die bewegte Lieferung des D ist wegen § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Deutschland nicht steuerbar. B verwirklicht mit der Einfuhr in Deutschland und dem Innehaben der umsatzsteuerlichen Verfügungsmacht bis zur Beendigung der Versendung in Belgien ein in Deutschland mit der Einfuhr beginnendes innergemeinschaftliches Verbringen nach § 3 Abs. 1a UStG. Dieses Verbringen ist einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt und unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a UStG steuerbefreit (§ 6a Abs. 2 UStG). Folglich ist B aufgrund des Verbringenstatbestandes verpflichtet, sich in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen. Die etwaige Vorsteuer aus Einfuhrumsatzsteuer ist damit von B im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen.

  • 3.14. Abs. 16 UStAE (Steuerfreiheit bei Reihengeschäften)
    Gelangt der Gegenstand der Lieferungen im Rahmen eines Reihengeschäfts aus dem Drittlandsgebiet in das Inland und hat ein Zwischenhändler oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung eingeführt, sind die der Einfuhr in der Lieferkette vorausgegangenen Lieferungen nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei.

    • Beispiel 1:
      Der deutsche Unternehmer D bestellt bei dem französischen Unternehmer F Computerteile. Dieser bestellt die Computerteile seinerseits bei dem Hersteller S in der Schweiz. S befördert die Computerteile auf Veranlassung des F unmittelbar zu D nach Deutschland. D lässt die Teile zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen, nachdem ihm S die Computerteile übergeben hat.

      Skizze Beispiel a

      Bei diesem Reihengeschäft werden zwei Lieferungen (S an F und F an D) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 2 und § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG der ersten Lieferung S an F zuzuordnen, da S als erster Unternehmer in der Reihe die Computerteile selbst befördert. Lieferort ist nach § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2 UStG die Schweiz (Beginn der Beförderung). Die (bewegte) Lieferung des S unterliegt bei der Einfuhr in Deutschland der deutschen Einfuhrumsatzsteuer. Eine Verlagerung des Lieferorts nach § 3 Abs. 8 UStG kommt nicht in Betracht, da S als Lieferer der Beförderungslieferung nicht zugleich Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Die zweite Lieferung (F an D) ist eine ruhende Lieferung. Sie gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Deutschland als ausgeführt (Ende der Beförderung), da sie der Beförderung nachfolgt. F führt eine nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfreie Lieferung aus, da seine Lieferung in der Lieferkette der Einfuhr durch den Abnehmer D vorausgeht. Erteilt F dem D eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, kann D lediglich die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Ein Abzug der in einer solchen Rechnung des F gesondert ausgewiesenen Steuer als Vorsteuer kommt für D nur dann in Betracht, wenn diese Steuer gesetzlich geschuldet ist. Kann F den Nachweis nicht erbringen, dass sein Folgeabnehmer D die Computerteile zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt hat, muss er die Lieferung an D als steuerpflichtig behandeln. Die Umsatzsteuer ist dann gesetzlich geschuldet und D kann in diesem Fall die in der Rechnung des F gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG neben der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG als Vorsteuer abziehen, vgl. Abschnitt 15.8 Abs. 10 Satz 3.

    • Beispiel 2:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. S befördert die Computerteile auf Veranlassung des F unmittelbar an D nach Deutschland. Die Computerteile werden bereits bei Grenzübertritt für F zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt.

      Skizze Beispiel b

      Es liegt wie im Beispiel 1 ein Reihengeschäft vor, bei dem die (bewegte) Lieferung des S an F mit Beginn der Beförderung in der Schweiz (§ 3 Abs. 6a Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) und die ruhende Lieferung des F an D am Ende der Beförderung in Deutschland ausgeführt wird (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG). Im Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr hat F die Verfügungsmacht über die eingeführten Computerteile, weil die Lieferung von S an ihn bereits in der Schweiz und seine Lieferung an D erst mit der Übergabe der Waren an D im Inland als ausgeführt gilt. Die angefallene Einfuhrumsatzsteuer kann daher von F als Vorsteuer abgezogen werden. Die Lieferung des F an D ist nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei, da sie innerhalb der Lieferkette der Einfuhr nachgeht. Erteilt F dem D eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, kann D diese unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen.

    • Beispiel 3:
      Sachverhalt wie Beispiel 1. F befördert die Computerteile selbst unmittelbar an D nach Deutschland. Die Computerteile werden bei Grenzübertritt im Namen des F zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt.

      Skizze Beispiel b

      Bei diesem Reihengeschäft werden zwei Lieferungen (S an F und F an D) ausgeführt. Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 7 UStG der zweiten Lieferung F an D zuzuordnen, da die Computerteile im Namen des Zwischenhändlers F zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wurden. Die Vermutung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG gilt somit als widerlegt und F tritt im Rahmen des Reihengeschäfts nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer auf. Lieferort der (bewegten) Lieferung des F an D ist nach § 3 Abs. 8 UStG Deutschland, da F als Lieferer der Beförderungslieferung zugleich Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Die erste Lieferung (S an F) ist eine ruhende Lieferung. Sie gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in der Schweiz als ausgeführt (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderung vorangeht. Im Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr hat F die Verfügungsmacht über die eingeführten Computerteile, weil die Lieferung von S an ihn bereits in der Schweiz und seine Lieferung an D erst nach der Einfuhr im Inland als ausgeführt gilt. Die angefallene Einfuhrumsatzsteuer kann daher von F als Vorsteuer abgezogen werden. Die Lieferung des F an D ist nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei, da sie innerhalb der Lieferkette der Einfuhr nachgeht. Erteilt F dem D eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, kann D diese unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen.

  • 3.14. Abs. 17 UStAE (Reihengeschäfte mit Berührung anderer Mitgliedsstaaten)
    Die Absätze 14 bis 16 gelten entsprechend, wenn bei der Warenbewegung vom Inland in das Drittlandsgebiet (oder umgekehrt) das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates berührt wird.

Reihengeschäfte mit privaten Endabnehmern

  • 3.14. Abs. 18 UStAE (Reihengeschäfte mit privaten Endabnehmern / "Lieferschwelle")
    An Reihengeschäften können auch Nichtunternehmer als letzte Abnehmer in der Reihe beteiligt sein. Die Grundsätze der Absätze 1 bis 9 und Absatz 19 Satz 1 sind auch in diesen Fällen anzuwenden. Wenn der letzte Abnehmer im Rahmen eines Reihengeschäfts, bei dem die Warenbewegung im Inland beginnt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates endet (oder umgekehrt), nicht die subjektiven Voraussetzungen für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs erfüllt und demzufolge nicht mit einer USt-IdNr. auftritt, ist § 3c UStG zu beachten, wenn der letzten Lieferung in der Reihe die Beförderung oder Versendung zugeordnet wird; dies gilt nicht, wenn der private Endabnehmer den Gegenstand abholt.

    • Beispiel:
      Der niederländische Privatmann NL kauft für sein Einfamilienhaus in Venlo (Niederlande) Möbel beim Möbelhaus D 1 in Köln. D 1 bestellt die Möbel bei der Möbelfabrik D 2 in Münster. D 2 versendet die Möbel unmittelbar zu NL nach Venlo. D 1 und D 2 treten jeweils unter ihrer deutschen USt-IdNr. auf.

      • Beispiel 1:

        Skizze Beispiel 1

        Bei diesem Reihengeschäft werden nacheinander zwei Lieferungen (D 2 an D 1 und D 1 an NL) ausgeführt. Die erste Lieferung D 2 an D 1 ist die Versendungslieferung, da D 2 als erster Unternehmer in der Reihe den Transport durchführen lässt. Der Ort der (bewegten) Lieferung liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Deutschland (Beginn der Versendung). Die Lieferung ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig, da D 1 ebenfalls mit deutscher USt-IdNr. auftritt. Der Erwerb der Ware unterliegt bei D 1 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in den Niederlanden, weil die innergemeinschaftliche Warenbewegung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Solange D 1 einen innergemeinschaftlichen Erwerb in den Niederlanden nicht nachweisen kann, hat er einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland zu besteuern (§ 3d Satz 2 UStG). Die zweite Lieferung D 1 an NL ist eine ruhende Lieferung. Die Lieferung des D 1 an NL fällt deshalb nicht unter die Regelung des § 3c UStG. Der Lieferort für diese Lieferung liegt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in den Niederlanden (Ende der Versendung), da sie der Versendungslieferung folgt. Die Lieferung ist nach niederländischem Recht zu beurteilen. D 1 muss sich in den Niederlanden umsatzsteuerlich registrieren lassen.

      • Beispiel 2:

        Skizze Beispiel 2

        Würde D 1 mit niederländischer USt-IdNr. auftreten, wäre die Lieferung des D 2 an D 1 als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn D 2 die Voraussetzungen hierfür nachweist.

      • Beispiel 3:

        Skizze Beispiel 3

        Würde die Versendung im vorliegenden Fall allerdings der zweiten Lieferung (D 1 an NL) zuzuordnen sein, wäre diese Lieferung nach § 3c UStG zu beurteilen, da der Gegenstand vom Lieferer in einen anderen Mitgliedstaat versendet wird und der Abnehmer NL als Privatperson ein Erwerber im Sinne des § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG ist.

Vereinfachungsregelungen

  • 3.14. Abs. 19 UStAE (Abweichendes Recht anderer Mitgliedsstaaten)
    Ist die Zuordnung der Beförderung oder Versendung zu einer der Lieferungen von einem an dem Reihengeschäft beteiligten Unternehmer auf Grund des Rechts eines anderen Mitgliedstaates ausnahmsweise abweichend von den Absätzen 7 bis 11 vorgenommen worden, ist es nicht zu beanstanden, wenn dieser Zuordnung gefolgt wird. Bei einer gebrochenen Beförderung oder Versendung aus einem anderen Mitgliedstaat ins Drittlandsgebiet ist die Behandlung als Reihengeschäft nicht zu beanstanden, wenn der erste Unternehmer den Liefergegenstand aus dem Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung (Abgangsmitgliedstaat) nur zum Zweck der Verschiffung ins Drittlandsgebiet in das Inland befördert oder versendet, auf Grund des Rechts des Abgangsmitgliedstaats die Behandlung als Reihengeschäft vorgenommen worden ist und der Unternehmer, dessen Lieferung bei Nichtannahme eines Reihengeschäfts im Inland steuerbar wäre, dies nachweist.

Lieferungen unter Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten

  • 3.14. Abs. 20 UStAE (fiktive Reihengeschäfte)
    Die Absätze 1 bis 19 sind nicht auf Lieferketten im Sinne des § 3 Abs. 3a in Verbindung mit Abs. 6b UStG anzuwenden (vgl. hierzu Abschnitt 3.18).“

3d.1. Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

  • 3d.1. Abs. 1 UStAE (Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs)
    Die Beurteilung der Frage, in welchem Mitgliedstaat die Beförderung eines Gegenstands endet, ist im Wesentlichen das Ergebnis einer Würdigung der tatsächlichen Umstände. Beim Erwerb einer Yacht können die Angaben in einem „T2L“-Versandpapier im Sinne des Artikels 205 UZK-IA sowie ein im Schiffsregister eingetragener Heimathafen Anhaltspunkte sein (vgl. BFH-Urteil vom 20. 12. 2006, V R 11/06, BStBl 2007 II S. 424).

  • 3d.1. Abs. 2 UStAE (Besteuerungskompetenz)
    Der EU-Mitgliedstaat, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb bewirkt wird oder als bewirkt gilt, nimmt seine Besteuerungskompetenz unabhängig von der umsatzsteuerlichen Behandlung des Vorgangs im EU-Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands wahr. Dabei ist unbeachtlich, ob der Umsatz bereits im EU-Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung besteuert wurde. Etwaige Anträge auf Berichtigung einer vom Abgangsstaat festgesetzten Steuer werden von diesem Staat nach dessen nationalen Vorschriften bearbeitet (vgl. Artikel 16 MwStVO).

  • 3d.1. Abs. 3 UStAE (Verwendung der USt-IdNr.)
    Zur Verwendung einer USt-IdNr. vgl. Abschnitt 3a.2 Abs. 10.

  • 3d.1. Abs. 4 UStAE (Nachweisführung)
    Entsteht die Umsatzsteuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland nur auf Grund der Verwendung einer von Deutschland erteilten USt-IdNr. nach § 3d Satz 2 UStG, ist der Abzug dieser Umsatzsteuer als Vorsteuer ausgeschlossen (vgl. Abschnitt 15.10 Abs. 2 Satz 2). Eine Entlastung von dieser Umsatzsteuer ist dem Unternehmer ausschließlich durch den Nachweis möglich, dass der Erwerb in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats besteuert worden ist oder nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, (vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG). In der Wahl der Mittel der Nachweisführung im Sinne des § 3d Satz 2 UStG ist der Unternehmer grundsätzlich frei. Eine Besteuerung im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung oder Versendung ist insbesondere dann nachgewiesen, wenn anhand der steuerlichen Aufzeichnungen des Unternehmers nachvollziehbar ist, dass der Umsatz in eine von ihm in diesem Mitgliedstaat abgegebene Steuererklärung eingeflossen ist und dort zu einer Besteuerung geführt hat.

4.4b.1. Steuerbefreiung für die einer Einfuhr vorangehenden Lieferungen von Gegenständen

  • Nach § 4 Nr. 4b UStG ist die einer Einfuhr vorangehende Lieferung (Einfuhrlieferung) von der Umsatzsteuer befreit, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt. Die Steuerbefreiung gilt für Lieferungen von Nicht-Unionswaren, die sich in einem besonderen Zollverfahren nach Artikel 210 UZK befinden (vgl. im Einzelnen BMF-Schreiben vom 28. 1. 2004, BStBl 2004 I S. 242). Zu den Nicht-Unionswaren gehören nach Artikel 5 Nr. 24 UZK auch Waren, die aus der gemeinsamen Be- oder Verarbeitung von Unions- und Nicht-Unionsware entstehen.

    • Beispiel:
      Eine im Drittland gefertigte Glasscheibe wird von Unternehmer A bei der Ankunft in Deutschland in die aktive Veredelung übergeführt. Die Glasscheibe wird anschließend in einen Kunststoffrahmen, der sich im freien Verkehr befindet, eingebaut. Die Glasscheibe einschließlich Kunststoffrahmen wird danach im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs an Unternehmer B veräußert, der die gesamte Scheibe in sein Produkt (Fahrzeug) einbaut. Unternehmer B fertigt die Fahrzeuge, die nicht in das Drittland ausgeführt werden, zum freien Verkehr ab und entrichtet die fälligen Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer).

      Nach Artikel 256 Abs. 1 Buchstabe a UZK werden grundsätzlich nur Nicht-Unionswaren in das Verfahren der aktiven Veredelung übergeführt. Durch das „Hinzufügen“ von Nicht-Unionswaren, (hier die Glasscheibe) verlieren die Unionswaren (hier der verwendete Glasrahmen) allerdings ihren zollrechtlichen Status „Unionswaren“ und werden zu Nicht-Unionswaren.

      Wird das Endprodukt, (hier die gerahmte Glasscheibe) im Rahmen eines weiteren Verfahrens der aktiven Veredelung an einen Abnehmer veräußert, der das Endprodukt in ein neues Produkt z.B. ein Fahrzeug einbaut und gelangt das Wirtschaftsgut in diesem Zusammenhang in den Wirtschaftskreislauf der EU (z.B. durch Abfertigung zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr), entstehen Einfuhrabgaben.

      [Satz 8:] Soweit der Unternehmer, der den Gegenstand eingeführt hat, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann er unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG).

      Die Lieferung des im Rahmen der aktiven Veredelung bearbeiteten und gelieferten Gegenstands (hier die gerahmte Glasscheibe) ist nach § 4 Nr. 4b UStG umsatzsteuerfrei, wenn der Abnehmer der Lieferung oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt.

15.8. Abzug der Einfuhrumsatzsteuer bei Einfuhr im Inland

  • 15.8. Abs. 1 UStAE (Vorsteuerabzug)
    Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn die Gegenstände für sein Unternehmen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg eingeführt worden sind. Die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer ist vom Unternehmer nachzuweisen (vgl. Abschnitt 15.11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2).

  • 15.8. Abs. 2 UStAE (Einfuhrtatbestand)
    Die Verwirklichung des umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestands setzt voraus, dass eine Nicht-Unionsware in das Inland verbracht wird und dieser Vorgang hier steuerbar ist, d.h. die Nicht-Unionsware in die Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Für den einfuhrumsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestand ist damit nicht allein entscheidend, dass der Gegenstand aus dem Drittland in das Inland gelangt, sondern hier auch grundsätzlich der Besteuerung unterliegt, d.h. im Regelfall eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht. Danach liegt z.B. keine Einfuhr im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor, wenn sich die Nicht-Unionsware in einem zollrechtlichen Versandverfahren befindet.

  • 15.8. Abs. 3 UStAE (Freihäfen)
    Bei Einfuhren über die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ist der Gegenstand ebenfalls erst beim Übergang in das umsatzsteuerrechtliche Inland und Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr eingeführt. In diesen Fällen ist jedoch die Einfuhr im Inland für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nur dann bedeutsam, wenn der eingeführte Gegenstand nicht zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Umsätze verwendet wird (vgl. hierzu Abschnitt 15.9). Im Allgemeinen kommt es daher hierbei nur dann auf den Übergang des Gegenstands in das umsatzsteuerrechtliche Inland an, wenn der eingeführte Gegenstand nicht schon in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten (insbesondere im Freihafen), sondern erst im Inland einfuhrumsatzsteuerrechtlich abgefertigt wird.

  • 15.8. Abs. 4 UStAE (Verfügungsmacht)
    Eine Einfuhr für das Unternehmen ist gegeben, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand im Inland zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt und danach im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einsetzt. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für seine Ausgangsumsätze verwendet; die Erbringung einer Verzollungs- oder Beförderungsdienstleistung ist nicht ausreichend (vgl. BFH-Beschluss vom 20.07.2023 – V R 13/21, BStBl II S. 1068). Die Voraussetzung ist bei dem Unternehmer gegeben, der im Zeitpunkt der Überführung in die Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt (vgl. auch BFH-Urteil vom 24. 4. 1980, V R 52/73, BStBl II S. 615). Für diese Zwecke ist der Zeitpunkt der Lieferung nach der umsatzsteuerlichen Ortsbestimmung (§ 3 Abs. 6 bis 8 UStG) zu ermitteln (vgl. Absatz 5 und Abschnitt 3.12. Abs. 7). Dies gilt auch beim Reihengeschäft. Die der Lieferung zu Grunde gelegten Lieferklauseln (z.B. Incoterms) sind insoweit hingegen als zivilrechtliche Verpflichtungen unbeachtlich. Kommt tatsächlich keine Lieferung zustande, gelten Absätze 11 und 12. Nicht entscheidend ist, wer die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet hat und wer den für den vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer eingeführten Gegenstand tatsächlich über die Grenze gebracht hat. Überlässt ein ausländischer Unternehmer einem inländischen Unternehmer einen Gegenstand zur Nutzung, ohne ihm die Verfügungsmacht an dem Gegenstand zu verschaffen, ist daher der inländische Unternehmer nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt (vgl. BFH-Urteil vom 16. 3. 1993, V R 65/89, BStBl II S. 473).

  • 15.8. Abs. 5 UStAE (Abzug der Einfuhrumsatzsteuer)
    In den Fällen des § 3 Abs. 8 UStG steht der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nur dem Lieferer zu, wenn er den Gegenstand zur eigenen Verfügung im Inland zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt und danach an seinen Abnehmer liefert (vgl. auch die Beispiele in Abschnitt 3.13 Abs. 2). Hingegen kann nur der Abnehmer von der Abzugsberechtigung Gebrauch machen, wenn er zum Zeitpunkt der Überführung in die Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht innehat. Personen, die lediglich an der Einfuhr mitgewirkt haben, ohne über den Gegenstand verfügen zu können (z.B. Spediteure, Frachtführer, Handelsvertreter, Zolllagerbetreiber), sind auch dann nicht abzugsberechtigt, wenn sie den eingeführten Gegenstand vorübergehend entsprechend den Weisungen ihres Auftraggebers auf Lager nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 11. 11. 2015, V R 68/14, BStBl 2016 II S. 720).

  • 15.8. Abs. 6 UStAE
    gestrichen (seit 16.07.2020)

  • 15.8. Abs. 7 UStAE (Abfuhr der EUSt durch Beauftragten)
    Nicht erforderlich ist, dass der Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet hat. Er kann sie als Vorsteuer auch dann abziehen, wenn sein Beauftragter (z.B. der Spediteur, der Frachtführer oder der Handelsvertreter) Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. In diesen Fällen ist der Abzug davon abhängig, dass sich der Unternehmer den betreffenden zollamtlichen Beleg oder einen zollamtlich bescheinigten Ersatzbeleg für den Vorsteuerabzug aushändigen lässt.

  • 15.8. Abs. 10 UStAE (Vorsteuerabzug)
    Die Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG und des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG schließen sich gegenseitig aus. Der Unternehmer kann somit grundsätzlich im Zusammenhang mit dem Bezug eines Gegenstands nicht zugleich eine gesondert in Rechnung gestellte Steuer und Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Lediglich in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger den Gegenstand zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt und die Lieferung an ihn steuerpflichtig ist, weil der Lieferant die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für die der Einfuhr vorangehende Lieferung nicht nachweist (vgl. § 4 Nr. 4b Sätze 1 und 3 UStG), kann dieser Leistungsempfänger zugleich die in Rechnung gestellte Steuer und die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen (vgl. auch Abschnitt 3.14 Abs. 16). Auch in den Fällen, in denen nicht der Unternehmer, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht hat, sondern ein späterer Abnehmer den eingeführten Gegenstand beim Zollamt zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigen lässt, kann nur der Unternehmer den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer geltend machen, der bei der Einfuhr verfügungsberechtigt war. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten kann der Unternehmer in diesen Fällen den eingeführten Gegenstand unmittelbar nach der Einfuhr einfuhrumsatzsteuerrechtlich zur Überlassung zum freien Verkehr abfertigen lassen.

15.10. Vorsteuerabzug ohne gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung

  • 15.10. Abs. 1 UStAE (Voraussetzung für den Vorsteuerabzug)
    Für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 UStG ist es nicht Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger im Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung ist (vgl. EuGH-Urteil vom 1. 4. 2004, C-90/02, EuGHE I S. 3303).

Abzug der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

  • 15.10. Abs. 2 UStAE (Vorsteuerabzugsverbot / Doppelerwerb)
    Der Erwerber kann die für den innergemeinschaftlichen Erwerb geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn er den Gegenstand für sein Unternehmen bezieht und zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
    [Satz 2:] Dies gilt nicht für die Steuer, die der Erwerber schuldet, weil er gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der erworbene Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-IdNr. verwendet und der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG deshalb im Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt gilt (vgl. BFH-Urteile vom 1. 9. 2010, V R 39/08, BStBl 2011 II S. 658, und vom 8. 9. 2010, XI R 40/08, BStBl 2010 II S. 661). Bei Land- und Forstwirten, die der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen und die auf die Anwendung von § 1a Abs. 3 UStG verzichtet haben, ist der Abzug der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb als Vorsteuer durch die Pauschalierung abgegolten (vgl. BFH-Urteil vom 24. 9. 1998, V R 17/98, BStBl 1999 II S. 39).

Vorsteuerabzug bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

  • 15.10. Abs. 4 UStAE (Reverse-Charge)
    Zum Vorsteuerabzug bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG vgl. Abschnitt 13b.15.

Vorsteuerabzug im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts

  • 15.10. Abs. 5 UStAE (Übergang der Steuerschuld im Rahmen von Dreiecksgeschäften)
    Im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts wird die Steuer für die Lieferung des ersten Abnehmers an den letzten Abnehmer von diesem geschuldet (§ 25b Abs. 2 UStG, vgl. Abschnitt 25b.1 Abs. 6). Der letzte Abnehmer kann diese Steuer als Vorsteuer abziehen, wenn er den Gegenstand für sein Unternehmen bezieht und soweit er ihn zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 25b Abs. 5 UStG).

25b.1. Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

Allgemeines

  • 25b.1. Abs. 1 UStAE (Aufzählung der Umsätze ohne Vereinfachungsregelung)
    § 25b UStG enthält eine Vereinfachungsregelung für die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften. Die Vereinfachung besteht darin, dass eine steuerliche Registrierung des mittleren Unternehmers im Bestimmungsland vermieden wird. Bei einem innergemeinschaftlichem Dreiecksgeschäft werden unter Berücksichtigung der allgemeinen Regelungen für Reihengeschäfte (vgl. Abschnitt 3.14 Abs. 1 bis 10) grundsätzlich folgende Umsätze ausgeführt:

    1. eine innergemeinschaftliche Lieferung des ersten am Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmers (erster Lieferer) in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG),

    2. ein innergemeinschaftlicher Erwerb des mittleren am Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmers (erster Abnehmer) in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3d Satz 1 UStG),

    3. ein innergemeinschaftlicher Erwerb des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, der dem ersten Abnehmer die von ihm verwendete USt-IdNr. erteilt hat (§ 3d Satz 2 UStG) und

    4. eine (Inlands-)Lieferung des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG).

    Liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor, wird die Steuerschuld für die (Inlands-)Lieferung unter den Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 UStG von dem ersten auf den letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer übertragen. Im Fall der Übertragung der Steuerschuld gilt zugleich auch der innergemeinschaftliche Erwerb dieses ersten Abnehmers als besteuert (§ 25b Abs. 3 UStG).

Begriff (§ 25b Abs. 1 UStG)

  • 25b.1. Abs. 2 UStAE (Grundvoraussetzungen eines Dreiecksgeschäfts)
    Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft setzt voraus, dass drei Unternehmer (erster Lieferer, erster Abnehmer und letzter Abnehmer) über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, und dieser Gegenstand unmittelbar vom Ort der Lieferung des ersten Lieferers an den letzten Abnehmer gelangt (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft kann auch zwischen drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmern bei Reihengeschäften mit mehr als drei Beteiligten vorliegen, wenn die drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmer am Ende der Lieferkette stehen. Der erste Abnehmer in dem Dreiecksgeschäft ist als mittlerer Unternehmer in der Reihe zugleich Abnehmer und Lieferer. Letzte Abnehmer im Dreiecksgeschäft können auch Unternehmer sein, die nur steuerfreie – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende – Umsätze ausführen, sowie Kleinunternehmer und pauschalierende Land- und Forstwirte. Voraussetzung ist, dass sie umsatzsteuerlich in dem Mitgliedstaat erfasst sind, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet. Letzter Abnehmer kann auch eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts sein, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem die Warenbewegung endet, für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst ist (§ 25b Abs. 1 Satz 2 UStG).

    • Beispiel:
      Der in Deutschland ansässige Unternehmer D bestellt beim in Belgien ansässigen Unternehmer B dort nicht vorrätige Werkzeugteile. B gibt die Bestellung weiter an den in Luxemburg ansässigen Unternehmer L mit der Bitte, sie direkt zu D nach Deutschland auszuliefern. Weil auch L die Werkzeugteile nicht am Lager hat, bestellt er sie beim in Spanien ansässigen Unternehmer SP, der sie auf Weisung von L an D versendet. L erteilt den Versendungsauftrag und verwendet bis zum Beginn der Versendung die ihm von der spanischen Finanzverwaltung erteilte USt-IdNr. gegenüber dem leistenden Unternehmer SP. SP, B und D verwenden jeweils die USt-IdNr. ihres Landes.

      Skizze Dreiecksgeschäft mit 4 Beteiligten

      Zwischen SP, L, B und D liegt ein Reihengeschäft vor. Darüber hinaus ist ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG zwischen L, B und D anzunehmen, weil L als erster am Dreiecksgeschäft beteiligter Lieferer den Gegenstand der Lieferungen versendet. Die Versendung ist der ersten Lieferung im Dreiecksgeschäft (L an B) zuzuordnen, da L gegenüber seinem leistenden Unternehmer SP bis zum Beginn der Versendung seine spanische USt-IdNr. verwendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz in Verbindung mit Satz 5 UStG) und dies eine vom Mitgliedstaat des Beginns der Versendung (Spanien) erteilte USt-IdNr. ist (vgl. Abschnitt 3.14 Abs. 7 ff.). Ort der Lieferung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz, Satz 5 in Verbindung mit § 3 Abs. 6 Sätze 1, 3 und 4 UStG in Spanien (Beginn der Versendung). Die Lieferung des L an B ist als innergemeinschaftliche Lieferung in Spanien steuerfrei. Der Erwerb des Gegenstands unterliegt bei B grundsätzlich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Deutschland, da die Versendung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG), und in Belgien, da B seine belgische USt-IdNr. verwendet (§ 3d Satz 2 UStG). Die zweite Lieferung im Dreiecksgeschäft (B an D) ist eine ruhende Lieferung. Lieferort ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG Deutschland, da sie der Versendungslieferung nachfolgt. SP erbringt eine ruhende Lieferung in Spanien (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG), die nach spanischem Recht zu beurteilen ist.

  • 25b.1. Abs. 3 UStAE (Voraussetzung: USt-IdNr. verschiedener Mitgliedsstaaten)
    Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts ist, dass die hieran beteiligten Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Die Ansässigkeit in einem dieser Mitgliedstaaten ist nicht erforderlich; maßgeblich ist vielmehr, dass der Unternehmer unter der USt-IdNr. auftritt, die ihm von einem dieser Mitgliedstaaten erteilt worden ist. Treten mehrere der an dem Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmer unter der USt-IdNr. desselben Mitgliedstaates auf, liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor.

    • Beispiel:
      Der in Frankfurt ansässige und umsatzsteuerlich registrierte Unternehmer D bestellt eine dort nicht vorrätige Ware bei dem in Belgien ansässigen Unternehmer B 1. B 1 gibt die Bestellung weiter an den ebenfalls in Belgien ansässigen Großhändler B 2, der die Ware mit eigenem Lkw unmittelbar nach Frankfurt befördert und sie dort an D übergibt. D und B 2 treten jeweils unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. B 1 tritt nicht unter seiner belgischen USt-IdNr., sondern unter seiner niederländischen USt-IdNr. auf.

      Skizze Dreiecksgeschäft

      Die Voraussetzung des § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts ist erfüllt, da die drei beteiligten Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten (Deutschland, Belgien, Niederlande) für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind und mit USt-IdNrn. aus verschiedenen Mitgliedstaaten auftreten. Auf die Ansässigkeit von B 1 und B 2 in demselben Mitgliedstaat kommt es bei der Beurteilung nicht an.

  • 25b.1. Abs. 4 UStAE (Voraussetzung: Gelangen in einen anderen Mitgliedsstaat)
    Weitere Voraussetzung ist das tatsächliche Gelangen des Gegenstands der Lieferungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf § 3 Abs. 8 UStG auch dann erfüllt, wenn der erste Lieferer den Gegenstand zuvor in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat. Gelangt der Gegenstand allerdings aus dem Drittlandsgebiet unmittelbar in den Mitgliedstaat des letzten Abnehmers, liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor. Der Gegenstand kann durch Beauftragte des ersten Lieferers vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein. Gegenstand der Lieferung ist in diesem Fall jeweils der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand. Der Gegenstand der Lieferung kann auch an einen vom letzten Abnehmer beauftragten Dritten, z.B. einen Lohnveredelungsunternehmer oder einen Lagerhalter, befördert oder versendet werden.

  • 25b.1. Abs. 5 UStAE (Voraussetzung: Beförderung/Versendung durch 1. Lieferer oder 1. Abnehmer)
    Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft setzt weiterhin voraus, dass der Gegenstand durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer (mittlerer Unternehmer) befördert oder versendet wird (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Dies gilt für den mittleren Unternehmer allerdings nur dann, wenn er in seiner Eigenschaft als Abnehmer befördert oder versendet, d.h. wenn die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn (erste Lieferung im Dreiecksgeschäft) zugeordnet wird. Wird die Beförderung oder Versendung dagegen der zweiten Lieferung im Dreiecksgeschäft zugeordnet, weil der mittlere Unternehmer in seiner Eigenschaft als Lieferer auftritt, liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor. Wird der Gegenstand der Lieferungen durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet (Abholfall), liegt ebenfalls kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor.

    • Beispiel:
      Der belgische Unternehmer B bestellt bei dem deutschen Unternehmer D eine Baumaschine. D hat die Maschine nicht vorrätig und gibt die Bestellung weiter an den spanischen Hersteller SP. Alle Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf.

      • a) SP befördert die Baumaschine mit eigenem Lkw nach Belgien und übergibt sie dort an B.

        Skizze Beispiel a

        Es liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG vor, weil der erste Lieferer den Gegenstand der Lieferungen befördert. Die Beförderung ist der ersten Lieferung (SP an D) zuzuordnen. Ort der Lieferung ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 in Verbindung mit Satz 1 UStG Spanien (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist als innergemeinschaftliche Lieferung in Spanien steuerfrei. Der Erwerb des Gegenstands unterliegt bei D grundsätzlich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, da die Beförderung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG), und in Deutschland, da D seine deutsche USt-IdNr. verwendet (§ 3d Satz 2 UStG). Die zweite Lieferung (D an B) ist eine ruhende Lieferung. Lieferort ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG Belgien, da sie der Beförderungslieferung nachfolgt. Die Lieferung des D ist nach belgischem Recht zu beurteilen. Zur weiteren Beurteilung vgl. auch das Beispiel in Absatz 7.

      • b) B lässt die Baumaschine durch einen von ihm beauftragten Spediteur bei SP in Spanien abholen und unmittelbar nach Belgien versenden.

        Skizze Beispiel b

        Es liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG vor, weil der letzte Abnehmer den Gegenstand der Lieferungen versendet. Die Versendung ist der zweiten Lieferung (D an B) zuzuordnen. Ort der Lieferung ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 in Verbindung mit Satz 1 UStG Spanien (Beginn der Versendung). Die Lieferung ist als innergemeinschaftliche Lieferung in Spanien steuerfrei. Der Erwerb des Gegenstands unterliegt bei B grundsätzlich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, da die Versendung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG). Die erste Lieferung (SP an D) ist eine ruhende Lieferung. Lieferort ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG ebenfalls Spanien, da sie der Versendungslieferung vorangeht. Die Lieferung ist nach spanischem Recht zu beurteilen. D muss sich demnach in Spanien steuerlich registrieren lassen.

Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer (§ 25b Abs. 2 UStG)

  • 25b.1. Abs. 6 UStAE (Übergang der Steuerschuld)
    Im Fall eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG wird die Steuer für die (Inlands-)Lieferung des ersten an den letzten jeweils an dem Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer von diesem letzten Abnehmer geschuldet, wenn die in § 25b Abs. 2 Nr. 1 bis 4 UStG genannten Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind. Die Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer ist bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben. Durch die Übertragung der Steuerschuld wird der letzte Abnehmer Steuerschuldner für die vom ersten Abnehmer an ihn ausgeführte Lieferung (§ 13a Abs. 1 Nr. 5 UStG).

Innergemeinschaftlicher Erwerb des ersten Abnehmers (§ 25b Abs. 3 UStG)

  • 25b.1. Abs. 7 UStAE (Fiktive Besteuerung beim ersten Abnehmer)
    Wird die Steuerschuld auf den letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer übertragen, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert. Diese fiktive Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs bei diesem ersten Abnehmer gilt für die Erwerbsbesteuerung in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet (vgl. § 3d Satz 1 UStG) und zugleich auch für die Beurteilung einer Erwerbsbesteuerung in dem Mitgliedstaat, unter dessen USt-IdNr. der erste Abnehmer auftritt (vgl. § 3d Satz 2 UStG).

    • Beispiel:
      Der belgische Unternehmer B bestellt bei dem deutschen Unternehmer D eine Baumaschine. D hat die Maschine nicht vorrätig und gibt die Bestellung weiter an den spanischen Hersteller SP. SP befördert die Baumaschine mit eigenem Lkw nach Belgien und übergibt sie dort an B. Alle Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. D erteilt dem B eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG.

      Skizze Dreiecksgeschäft

      Es liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne des § 25b Abs. 1 UStG vor. Die Beförderung ist der ersten Lieferung (SP an D) zuzuordnen. Ort der Lieferung ist nach § 3 Abs. 6 Satz 5 in Verbindung mit Satz 1 UStG Spanien (Beginn der Beförderung). Die Lieferung ist als innergemeinschaftliche Lieferung in Spanien steuerfrei. Der Erwerb des Gegenstands unterliegt bei D grundsätzlich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Belgien, da die Beförderung dort endet (§ 3d Satz 1 UStG), und in Deutschland, da D seine deutsche USt-IdNr. verwendet (§ 3d Satz 2 UStG). Die zweite Lieferung (D an B) ist eine ruhende Lieferung. Lieferort ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG Belgien, da sie der Beförderungslieferung nachfolgt. D führt demnach eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung in Belgien aus. Da die Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 UStG erfüllt sind, wird die Steuerschuld für die belgische (Inlands-)Lieferung des D auf B übertragen: Der Lieferung ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch D vorausgegangen; D ist nicht in Belgien ansässig; D tritt gegenüber dem ersten Lieferer und dem letzten Abnehmer mit seiner deutschen USt-IdNr. auf; D hat dem B eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG erteilt; B verwendet als letzter Abnehmer eine (belgische) USt-IdNr. des Mitgliedstaates, in dem die Beförderung endet. B wird Steuerschuldner für diese Lieferung des D und muss die Steuer im Rahmen seiner belgischen Steuererklärungspflichten anmelden. D hat im Hinblick auf seine in Belgien ausgeführte Lieferung keinen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen in Belgien nachzukommen. Mit der wirksamen Übertragung der Steuerschuld auf B gilt auch der innergemeinschaftliche Erwerb des D in Belgien als besteuert (§ 25b Abs. 3 UStG) mit der Folge, dass D auch hierfür keinen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen in Belgien nachkommen muss. Mit der fiktiven Erwerbsbesteuerung in Belgien entfällt auch eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in D über § 3d Satz 2 UStG, sofern D seiner Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 UStG (für die ZM) nachkommt. Durch die Anwendung der Vereinfachungsregelung des § 25b UStG wird vermieden, dass sich D in Belgien auf Grund dieses innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts registrieren lassen und dort Steuererklärungen abgeben muss. D muss in Deutschland die Erklärungspflichten nach § 18b Satz 1 UStG für die Voranmeldung und die Steuererklärung für das Kalenderjahr beachten.

Besonderheiten bei der Rechnungserteilung

  • 25b.1. Abs. 8 UStAE (Zwingende Rechnungsmerkmale bei Dreiecksgeschäften)
    Nach § 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG ist materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuld, dass der erste dem letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist. Neben den Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG sind in der Rechnung dieses ersten Abnehmers danach folgende zusätzliche Angaben erforderlich:

    1. ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, z.B. „Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG“ oder „Vereinfachungsregelung nach Artikel 141 MwStSystRL“;

    2. ein Hinweis auf die Steuerschuld des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers;

    3. die Angabe der USt-IdNr. des ersten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers und

    4. die Angabe der USt-IdNr. des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmers.

    Der letzte am Dreiecksgeschäft beteiligte Abnehmer soll durch die Hinweise in der Rechnung eindeutig und leicht erkennen können, dass er letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ist und die Steuerschuld auf ihn übertragen wird.

Bemessungsgrundlage (§ 25b Abs. 4 UStG)

  • 25b.1. Abs. 9 UStAE (Bemessungsgrundlage)
    Im Fall der Übertragung der Steuerschuld nach § 25b Abs. 2 UStG auf den letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Abnehmer gilt für die Berechnung der geschuldeten Steuer abweichend von § 10 Abs. 1 UStG die Gegenleistung als Entgelt (Nettobetrag ohne Umsatzsteuer). Die Umsatzsteuer ist auf diesen Betrag aufzuschlagen.

Aufzeichnungspflichten (§ 25b Abs. 6 UStG)

  • 25b.1. Abs. 10 UStAE (Aufzeichnungspflichten)
    Neben den allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG sind bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften vom ersten und vom letzten jeweils daran beteiligten Abnehmer zusätzliche Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, wenn sie eine inländische USt-IdNr. verwenden (§ 25b Abs. 6 Satz 1 UStG). Verwendet der erste am Dreiecksgeschäft beteiligte Abnehmer eine USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates, ist er von den allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG befreit, wenn die Beförderung oder Versendung im Inland endet (§ 25b Abs. 6 Satz 2 UStG).

Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung (§ 25f UStG)

  • 25f.2. Abs. 2 UStAE (Auswirkungen im Rahmen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte)
    Liegen die Voraussetzungen des § 25f Abs. 1 UStG vor, gilt in Fällen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers nicht als besteuert. Damit hat der erste Abnehmer den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 1 UStG im Bestimmungsmitgliedstaat und nach § 3d Satz 2 UStG in dem Mitgliedstaat zu versteuern, der die USt-IdNr. erteilt hat, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in § 3d Satz 1 UStG bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Der Vorsteuerabzug im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist nach § 25f Abs. 2 UStG zu versagen. Dennoch wird die Steuerschuld für die vom ersten Abnehmer ausgeführte (Inlands-) Lieferung auf den letzten Abnehmer übertragen (§ 25b Abs. 2 UStG). Der letzte Abnehmer kann diese von ihm geschuldete Umsatzsteuer entgegen § 25b Abs. 5 UStG jedoch nicht als Vorsteuer abziehen.


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